Beteiligung der Gemeinden an Kirchenkosten

Dieter Potzel: Sie haben jetzt vieles gehört und haben sicher einige Fragen oder eigene Beiträge zum Thema Kirchenfinanzen.

Besucher: In Bezug auf Gelder an die Kirche: Es gibt noch eine ganze Menge völlig freiwillig gegebener Gelder an die Kirche, die nirgendwo auftauchen, Herr Rampp. Unsere Großgemeinde zum Beispiel hat 14 Kirchen. Für jeden Riss in jedem Kirchturm und für jeden Riss in jeder Kirche gibt die Gemeinde fünf Prozent der Kosten. Eine Nachbar-Gemeinde gibt sogar 10%, weil es noch eine reichere Gemeinde ist. Also wenn Gemeindechefs dann jammern, kann ich das nicht verstehen, wenn soviel Geld für jede rissige Kirche da ist.

Gerhard Rampp: Selbstverständlich gibt es auch solche freiwilligen Leistungen, von denen ich noch gar nicht gesprochen habe. In der Tat ist es so, dass in Süddeutschland durchweg zwischen 5 und 15%, in Einzelfällen sogar 50% der Kosten von der Kommune freiwillig übernommen werden, obwohl die Kommune damit überhaupt nichts zu tun hat. Übrigens genauso, wie Kommunen mitunter freiwillig bei Kindergärten mehr leisten, als sie eigentlich müssten. Die decken zum Teil sogar noch die Restprozente ab, die die Kirche nach dem Gesetz eigentlich selbst zu tragen hätte.

Und dann gibt es immer wieder auch noch versteckte Töpfe – ich nenne jetzt nur einen: für Pfarrheime. Wenn da Jugendheime oder Räumlichkeiten für die Pfarrjugend ausgewiesen werden, hat z.B. der frühere bayerische Kultusminister Zehetmair noch eine Möglichkeit geschaffen, dass dort im Landesjugendplan, der überhaupt nicht im Etat des Landes ausliegt, sondern nur pauschal im Landtag verabschiedet wird, dass da bis zu 40% und als Regelsatz 30% der Kosten zusätzlich noch einmal vom Staat übernommen werden. Nur muss man natürlich wissen: Wer ist der Zehetmair gewesen? Der ist der Vorsitzende der sogenannten katholischen Männervereins Tuntenhausen – der existiert wirklich und ist der klerikale Flügel innerhalb der CSU, benannt nach dem Wallfahrtsort Tuntenhausen. Es waren fast durchweg Kultusminister, die dort Vorsitzende waren und die natürlich dann gleichzeitig ihren Einfluss über den Kultus-Etat geltend machen konnten.

Historisch-rechtliche Komponente dieses Skandals

Besucher: Mir geht es eigentlich um die historisch-rechtliche Komponente dieses Skandals, und da hätte ich noch ganz gerne etwas gehört. Viele dieser Zahlungen werden ja durch jahrhundertealte Verträge begründet. Nun ist es so, wenn man – ich schlage jetzt einen Bogen – Forderungen stellt z. B. aus Griechenland für die Zerstörungen, die die deutsche Wehrmacht dort im Zweiten Weltkrieg angerichtet hat. Diese Entschädigungsforderungen der Griechen werden ja von der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt mit der Begründung: Die Bundesrepublik Deutschland sei nicht Rechtsnachfolger des Dritten Reiches. Hier wird aber für jahrhundertealte Verträge bezahlt. Man hat den Eindruck, als wäre die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsnachfolgerin des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation.

Gerhard Rampp: In der Tat, das ist ein wunder Punkt. Da käme ja noch hinzu, dass viele dieser sogenannten Leistungen eigentlich nur auf Gewohnheitsrecht beruhen, das heißt, nicht einmal durch Urkunden dokumentiert sind. Aber selbst da, wo Urkunden vorhanden sind, ist die Sache äußerst fragwürdig, wie z.B. bei Leistungen an die katholische Kirche infolge der Enteignungen während der Säkularisation 1803, die ja vorher angesprochen wurden. Wobei natürlich geflissentlich nie die Frage gestellt worden ist, wie die Kirchen überhaupt zu ihrem Reichtum gekommen sind. Da wäre z.B. zu ergänzen, dass die meisten, die in die Maschinerie der Hexenverfolgung geraten sind, nicht umgebracht wurden, sondern vor die Wahl gestellt wurden, umgebracht zu werden oder einen Teil ihres Vermögens an die Kirche zu übertragen.

Doch es gibt da noch andere Punkte: So werden beispielsweise Staatsleistungen an die evangelische Kirche mit Enteignungen während der Reformationszeit begründet, als diese Kirche überhaupt erst entstand. Das Ganze ist derart extrem, und doch hat sich bisher noch keine Kommune getraut, hier mal einen Musterprozess zu führen. Natürlich müsste dabei jeder Einzelfall geprüft werden. Doch es gibt viele Fälle, wo die Rechtsbasis der Kirche äußerst schwach ist, bei anderen ist sie vielleicht besser. Aber in der Tat verschenken die Kommunen leichtfertig Riesenbeträge.

Dieter Potzel: Deshalb machen wir ja diese Veranstaltungen, damit mal mehr an die Öffentlichkeit kommt, was mit den Kirchenfinanzen eigentlich los ist.

Matthias Holzbauer: Vor zwei Jahren war in München eine Tagung, auf der Herr Dr. Czermak, der auch aus Augsburg ist, klar gesagt hat – er ist ein Richter –, dass der Staat ohne weiteres sofort diese Zahlungen einstellen könnte, das wäre juristisch aus seiner Sicht kein Problem. Aber er tut es nicht. [Mehr]